Customer story
Cash flow forecasting
Karl Mayer
KARL MAYER und Nomentia machen Predictive Analytics für B2B-Konzerne salonfähig – inmitten einer globalen Wirtschaftskrise
Gründungsjahr
1937
Branche
Maschinenbau
Unternehmen
KARL MAYER ist eine internationale Unternehmensgruppe mit starken Wurzeln im Textilmaschinenbau. Die Unternehmensgruppe bietet Lösungen für die Bereiche Wirkerei, Flachstrickerei, technische Textilien, Kettvorbereitung Weberei und Digitalisierung.
Die Gruppe beschäftigt mehr als 3.300 Mitarbeiter, hat Niederlassungen in den USA, England, Indien, Italien, Hongkong, Japan, China, Bangladesch und der Schweiz und Niederlassungen in rund um den Globus.
Herausforderung
Aufgrund der Pandemie und der damit verbundenen Auftragseingangssituation erkannte KARL MAYER den Bedarf, ihre Planung kurzfristiger, effizienter und gleichzeitig besonders akkurat zu gestalten.
Lösung
Vor diesem Hintergrund entschied man sich bei KARL MAYER für Nomentia Cash Flow Forecasting, um die Liquiditätsplanung weitgehend zu automatisieren, um Kapazitäten zu sparen und besser auf länderspezifische Herausforderungen und Einschränkungen reagieren zu können.
"Wir wussten, dass wir uns als B2B-Konzern auf ein Wagnis einlassen, da war Nomentia von Anfang an sehr transparent, und wir wurden nicht enttäuscht. Dank der Predictive Analytics-Funktion von Nomentia fühlen wir uns in der aktuellen Wirtschaftslage optimal unterstützt, das ist ein gutes Gefühl!“
SVEN ERIK EBEL, Vice President Treasury and Credit Management, KARL MAYER
Statistische Verfahren werden mittlerweile von vielen Softwareanbietern angeboten. Dabei wird häufig unterschätzt, dass die Ergebnisse nur so präzise sein können wie die Annahmen, die je nach Geschäftsmodell und Kunde individuell getroffen werden. Für B2B-Konzerne mit dominierenden Einzelzahlungen war das Verfahren bisher nahezu undenkbar, und wenn zusätzlich eine Pandemie sämtliche Zahlen auf den Kopf stellt, ist von einem Projekterfolg kaum noch auszugehen. Die KARL MAYER Gruppe und Nomentia haben es trotzdem gewagt und sind äußerst zufrieden mit den Resultaten.
Abb. 1 | Muster in der Vergangenheit geben Ausblick auf die Zukunft: Stark vereinfachte Darstellung von Predictive Analytics.
Es stellt sich allerdings zunächst die Frage: ist Predictive Analytics überhaupt der richtige Ansatz für einen B2B-Konzern? Dies galt es in einem Pilotprojekt zu beantworten. Sven Erik Ebel, Vice President Treasury und Credit Management bei KARL MAYER, betont die Innovationsbereitschaft des Unternehmens:
"Unsere Unternehmensgruppe arbeitet in allen Bereichen sehr innovativ. Wir haben sogar eine eigene Business Unit, die allein für Digitalisierungsthemen zuständig ist. Predictive Analytics war für uns also kein Fremdwort, sondern wurde bereits an anderen Stellen genutzt. Das hat uns neugierig gemacht, ob wir das Verfahren auch im Treasury gewinnbringend einsetzen können.“
Knifflige Ausgangbasis: dominierende Einzelzahlungen im B2B und die weltweite Corona-Krise
Predictive Analytics ist aber nicht gleich Predictive Analytics. Für die Liquiditätsplanung gilt: historische Cashflow-Daten über einen Zeitraum von mindestens drei Jahren und externe Faktoren wie Markt-Indizes sind die wichtigsten Grundlagen für präzise Vorhersagen. Diese Daten werden mit einem statistischen Rechenmodell auf Verläufe und Muster hin analysiert und dann unter Berücksichtigung externer Faktoren in die Zukunft projiziert. Damit das funktioniert, muss das Rechenmodell im Vorfeld so konfiguriert werden, dass es wiederkehrende Ereignisse (z.B. Feiertagseffekte) einordnen und Datenausreißer ignorieren kann.
Abb. 2 | Einflussfaktoren auf die Cashflow-Entwicklung von Unternehmen
Dies erklärt vereinfacht ausgedrückt, warum Predictive Analytics nur dann genaue Ergebnisse liefern können, wenn eine geeignete Datenbasis vorhanden ist. Sowohl die Auswirkungen der Pandemie als auch die Einmaligkeit der Projekte bedeuteten schon zu Beginn des Projekts, dass es sehr schwierig werden würde, in den historischen Daten des Maschinenbauers anwendbare Muster zu erkennen und die verwendeten Modelle ausreichend zu kalibrieren.
KARL MAYER wäre aber nicht in vielen Bereichen Weltmarktführer wenn solche Herausforderungen den Innovationsgeist des Maschinenherstellers ausbremsen könnten.
„Die Pandemie war und ist für uns alle eine riesige Belastungsprobe. Es gab also keinen Grund, ihr nicht mit den modernsten Methoden zu begegnen."
SVEN ERIK EBEL, Vice President Treasury and Credit Management, KARL MAYER
Ein Kunde, wie ihn sich Software-Anbieter nur wünschen können. Die Data Scientists von Nomentia bekamen alle verfügbaren historischen Daten aus den vergangenen Geschäftsjahren zur Verfügung gestellt und begannen direkt mit der Analyse. Gemeinsam mit dem Treasury wurde überlegt, welche Daten und Einflussfaktoren für die Vorhersage relevant sind. Vor allem der Index zur Textil-Industrieproduktion wurde dabei als entscheidend bewertet, aber auch Saisonalität und Trends fanden im Zuge des Projekts Einzug in die Überlegungen.
Abb. 3 | Testlauf mit historischen Ist-Daten über den Zeitraum von drei Jahren und Analyse des besten Rechenmodells: Die ersten zwei Ist-Jahre werden zur Validierung des passenden Rechenmodells verwendet. Das Modell, das den Ist-Daten aus dem dritten Jahr am nächsten kommt (roter Graph), wird schließlich für die Plandaten-Berechnung ausgewählt. Drei Jahre sollten mindestens vorliegen, vier Jahre sind ideal.
Die Analyse stellte das Team vor erwartete Herausforderungen
Die Datenlage zeigte schnell, dass die bereits erwähnten Einzelprojekte zu Schwankungen in der Cashflow-Entwicklung von bis zu 400 Prozent führen – ein immenser Stresstest für die Umsetzung des Projekts. Die Data Scientists und das Treasury von KARL MAYER mussten die Ausreißer manuell für das System interpretieren und sich dabei auch fragen, wie diese Zahlen von regelmäßigen Phänomenen wie Zahltagen, Saisonalität und anderem unterschieden werden können.
Als die Datenanalyse abgeschlossen war, ergab sich eine Vorauswahl von fünf statistischen Modellen für den ersten Testlauf. Im nächsten Schritt wurden die Modelle von der Treasury-Software Nomentia mit den bereits identifizierten Einflussfaktoren kalibriert und auf Basis von historischen Ist-Daten eine Test-Planung für die zuletzt vorliegenden zwölf Monate errechnet.
Das Ergebnis des ersten Durchlaufs war ernüchternd und zeigte entscheidenden Optimierungsbedarf. Das zur Ausreißerkorrektur eingesetzte „R-Standardpaket“ war nicht geeignet, um Ausreißer zu identifizieren und vor allem auf einen bestimmten Wert zu korrigieren.
Abb. 4 | Ausreißer-Beispiel: Die rote Linie zeigt, dass bei den Kundenzahlungen im Jahr 2020 der Januar der beste Monat war. In all den Jahren gehörte der Januar aber zu den schlechtesten Monaten. Ohne Berücksichtigung dieses Effekts würde auch eine Vorhersage eine deutlich schlechtere Prognose ergeben.
Die Lösung: umdenken!
„Spezielle Projektzahlungen können zwar vom Kunden markiert werden, das bedeutet bei einem volatilen Projektgeschäft aber sehr viel Arbeit und lässt darüber hinaus offen, in welche Richtung korrigiert werden soll, da Ausreißer keine einmaligen Sonderzahlungen sind, sondern sich durch die Projektstruktur aus großen Einzelprojekten ergeben. Ziel ist aber, die Planung zu automatisieren, weswegen wir uns nicht allein mit manuellen Korrekturen zufrieden geben konnten.“
Dr. Johannes Pöschl, Data Scientist bei Nomentia
Im nächsten Schritt entwickelten Pöschl und sein Team mit viel Finesse und zahlreichen Tests eine neue Methode, die unter Berücksichtigung von Saisonalität, langfristigen Trendentwicklungen und externen Effekten (Stichwort COVID-19) eine spezifische Ausreißerkorrektur für KARL MAYER vornehmen konnte. Die genaue Herangehensweise hält das Team aus guten Gründen unter Verschluss – sie wäre aber auch zu komplex für diese Fallstudie.
Als weitere Maßnahme wurden ungeeignete Modelle bereits im Vorfeld aus den Berechnungen gestrichen, um eindeutigere Ergebnisse zu erzielen. Außerdem wurden die Berechnungen mit unterschiedlichen Modellpools wiederholt, um die erfolgreichsten Modelle am Ende miteinander zu vergleichen und wiederum das beste auswählen zu können. Damit waren bis Ende Mai alle Voraussetzungen geschaffen, um eine konzernweite Liquiditätsplanung zu erstellen.
Abb. 5 | Statistische Modellgruppen, die Nomentia für Predictive Analytics einsetzt: Es gibt nahezu unendlich viele statistische Modelle, die sich aber nicht alle für die Liquiditätsplanung eignen. Nomentia arbeitet mit den acht abgebildeten Modellgruppen.
Ziel erreicht – die KARL MAYER Gruppe ermittelt monatliche Forecasts jetzt weitgehend automatisiert
Die generierten Plandaten sind nun eine gute Basis für das Treasury der KARL MAYER Gruppe, um in Kombination mit dem individuellen Fachwissen der TreasurerInnen in kurzer Zeit eine professionelle Liquiditätsplanung zu erstellen. Für manche Planungskategorien (z. B. Gehälter) funktioniert das so zuverlässig, dass Nomentia auf Wunsch direkt eine Liquiditätsplanung für den Konzern erstellt. Für Kategorien, die häufig von Ausnahmen dominiert werden, zeigt Nomentia die berechneten Zahlen als Vorschlagswerte in der klassischen Planungsoberfläche an. In diesem Fall sind die vorliegenden Daten eine große Orientierungshilfe für das manuelle Finetuning und sparen wertvolle Zeit.
Abb. 6 | Vorschlagswerte in der manuellen Planung: Predictive Analytics gibt die Grundlinie vor, die manuell leicht justiert werden kann.
Die Ergebnisse sind beeindruckend:
Legt man die Planungen der KARL MAYER Gruppe von Januar 2020 bis September 2020 nebeneinander, zeigt sich, dass Nomentia sogar präzisere Daten berechnet als das Treasury in der Vergangenheit selbst. Das liegt unter anderem daran, dass Predictive Analytics ohne subjektives Hintergrundwissen maschinell urteilt, was oft ein wesentlicher Vorteil ist. Für kurzfristige Vorhersagen gilt das eher selten, aber vor allem langfristige Trends für einen Zeitraum von sechs Monaten oder einem Jahr liegen mit einer Trefferquote von 94,5 Prozent erstaunlich nahe an den realen Daten.
„Eine vollständige Planung auf Knopfdruck ist eine Illusion, das ist klar. Predictive Analytics muss eine Arbeitserleichterung sein. Es muss mindestens so gut sein wie das, was man händisch macht, und es muss natürlich zu einer Zeitersparnis kommen. Eine unserer Gesellschaften, die eine sehr aufwändige Planung erfordert und uns bisher massiv Zeit gekostet hat, hat durch Predictive Analytics sogar drei Prozent an Planungsgenauigkeit gewonnen. Das klingt auf den ersten Blick nicht nach viel, aber wenn man den immensen Zeitgewinn bedenkt, ist das für uns ein großartiges Ergebnis!“
SVEN ERIK EBEL, Vice President Treasury and Credit Management, KARL MAYER
Dieses spannende Projekt hat die Anwendbarkeit von Predictive Analytics entschieden vorangetrieben und zeigt, dass es sich lohnen kann, neue Wege zu gehen – auch, oder vielleicht gerade, in schwierigen Zeiten.
Ein besseres Treasury-Management beginnt mit Nomentia
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